Die heutige islamische Theologie und das daraus resultierende Religionsverständnis ist, wie in anderen Religionen, das ¿Ergebnis¿ einer relativ langen Entwicklung. Hierbei spielt die ¿Theologie¿ der Anfangszeit oftmals eine unverzichtbare Rolle für die Theologie von heute. Der meist beschwerliche Weg zur Etablierung einer bestimmten Botschaft kann bzw. muss Prioritäten innerhalb seiner Verkündigung gehabt haben, welche eine gewisse Entwicklung beeinflusst haben. So kann und hat beispielsweise die Botschaft von der Einheit Gottes eine ganz andere Gewichtung als die des islamischen Vertragsrechts.
Bei der Betrachtung der Inhalte der islamischen Theologie spielt die Frage nach der Umwelt dieser Theologie eine wichtige Rolle. Eine jede neue Theologie entsteht nicht in einem ¿luftleerem Raum¿. So bestehen zwischen dieser im Entstehen begriffenen neuen Theologie und seiner Umwelt unweigerlich verschiedene Wechselbeziehungen. Eine Theologie, die sich nicht an den Realitäten der Gegenwart orientiert, kann wohl kaum mit einer ernstzunehmenden Rezeption der Botschaft rechnen.
Die vielleicht wichtigste Quelle für die Frage nach der Umwelt der ¿koranischen¿ Botschaft ist der Koran selbst, weil eben dieser gerade mit seiner Umwelt in unmittelbarer Beziehung steht. Der Koran stellt die ultimative Grundlage jeder islamischen Theologie dar. Er dient sowohl dem ¿Extremisten¿ als auch dem ¿liberalen¿ Gläubigen als Grundlage für sein Verständnis des Islams. Da der Koran in seiner heutigen Form eine für sich eigene Anordnung der Suren enthält und nicht der Offenbarungsfolge folgt, gab es sowohl von nichtmuslimischer als auch muslimischer Seite verschiedenste Bemühungen, die Suren bzw. Verse ihrer Offenbarungsfolge nach zu rekonstruieren.
Was waren wohl die ersten Inhalte der islamischen Verkündigung? In dieser wissenschaftlichen Arbeit wird versucht, genau dieser Frage nachzugehen. Aufgrund des beschränkten Rahmens können nur einige ausgesuchte Stellen aus dem Koran näher untersucht werden. Wenn man von dem 1. Jh. der islamischen Geschichte sprechen möchte ist eine weitere grundlegende Problematik, dass die Quellenlage aus dieser Zeit äußerst begrenzt ist. So steht die Anfangszeit unter dem Verdacht der Projektion aus späterer Zeit. Entgegen der außerislamischen Annahme der ¿Quellenlosigkeit¿, bietet die innerislamische Tradition eine überaus reiche Überlieferung des 1. Jahrhunderts.
In einem ersten Schritt soll die Umwelt der Frühislamischen Theologie betrachtet werden. Nachdem die Voraussetzungen und Bedingungen der neuen Islamischen Theologie in einigen Grundlinien betrachtet wurden, folgt in einem zweiten Schritt die Darstellung des kommunikativen Grundcharakters des Korans, die Aufarbeitung des Chronologiediskurses und die Herausstellung von dessen Relevanz für die Betrachtung. Nachdem die Bedeutung des Korans als Grundlage der Untersuchung verdeutlicht wurde, wird der Fokus auf die Inhalte und somit auf die Theologie der ersten Offenbarungen bzw. Verse gelegt.