Wie lässt sich ein Wirtschaftssystem erklären, in dem Geld durch Geld erzeugt wird? Angesichts eines Informationskapitalismus, in dem Warenproduktion und körperliche Arbeit nur noch als Reminiszenz an alte Zeiten mitgeschleppt werden, zeigt der italienische Philosoph »Bifo« Berardi, dass wir es mit einem System zu tun haben, das vor hundert Jahren bereits von Dichtern wie Mallarmé antizipiert wurde: Der Signifikant hat den Bezug zu seinem Referenten verloren, »Schulden sind ein bloßer Akt der Sprache, ein Versprechen.« Daher müssen wir zunächst lernen, die Zeichen zu lesen, sie so zu interpretieren, wie man Poesie interpretiert. Der Akt der Interpretation lehrt uns Empathie, er ist der erste Schritt zu einer neuen Solidarität, die den »erotischen Körper des gesellschaftlichen Lebens« reaktivieren kann.Ausgehend von der Finanzkrise 2008 und dem europäischen Kollaps dekonstruiert Berardi die Sprache und die Mythen des Neoliberalismus und ruft zu einer Revolution der Langsamkeit und des Rückzugs auf, mit der wir den Niedergang nicht zu fürchten brauchen.
»Die Lektüre hinterlässt den Eindruck, dass Berardi an einigen Stellen nicht radikal genug gefragt hat. Denn ein radikales Fragen hätte sich die Frage stellen können, wie und warum der Kapitalismus als Traummaschine funktioniert, als Verfahren, global Menschen an sich zu binden und ihnen zu suggerieren, nur so sei Erfolg, Reichtum und Ansehen möglich. Die Literaturgeschichte der kapitalistischen Bindungskräfte bleibt noch zu schreiben.«
- Markus Steinmayr, literaturkritik.de