1917 veröffentlichte Robert Walser in drei verschiedenen Verlagen gleich drei neue Bücher: die Sammlung «Prosastücke» bei Rascher & Cie in Zürich, die «Kleine Prosa» bei Alexander Francke in Bern und die längere Erzählung «Der Spaziergang» im Verlag Huber & Co, Frauenfeld und Leipzig, in dem dann ein Jahr später auch das «Poetenleben» ( KWA I 9) erschien. Es handelt sich mehrheitlich um zuvor noch nicht gedruckte Texte; die wenigen Ausnahmen hat er so eingreifend bearbeitet, dass man von eigenständigen Fassungen sprechen kann. In neuer Weise setzt Walser sich in diesen Büchern mit Form und Inhalt seines Erzählens auseinander. Er variiert die poetologischen Mittel und die Möglichkeiten der Kleinen Form und sucht zugleich nach neuer schriftstellerischer Selbstverständigung. Im Hintergrund standen dabei die Rückkehr aus Berlin in die Schweiz und die Erfahrung und Beobachtung des Ersten Weltkriegs.
Leitmotivisch lässt sich die Beschäftigung mit Form und Tradition der Novelle verfolgen. Dies gilt nicht nur für die längere Erzählung «Der Spaziergang», sondern auch für zahlreiche Texte der Sammlungen «Prosastücke» und «Kleine Prosa». In Abgrenzung von den «Schwesterkünsten» Musik und Malerei richtet er sein Augenmerk auf die synästhetische Kraft der Poesie. Walser hat intensiv an diesen Texten, die er selbst als «teils ernster Teil heiterer Natur charakterisierte, gearbeitet. «Jedes einzelne Stück», schrieb er an den Rascher-Verlag, «ist mit starkem Fleiß und mit der sorgfältigsten Behutsamkeit geschrieben».
In chronologischer Ordnung und textkritisch ediert liegen hier 61 Zeitschriftenbeiträge vor, bis auf wenige Ausnahmen sämtlich Erstdrucke. Robert Walser schrieb sie in den Jahren 1907 bis 1921.
'Gestorben ist soeben in Deutschland ein Freund von mir, dem ich gewissermaßen verdanke, daß ich mich, was schriftstellerischen Ausdruck betrifft, einigermaßen entwickelt habe, indem er die Aufmerksamkeit hatte, mich gleichsam auf die Anforderungen hinzuweisen, die eine neuere Zeit mit Recht an den Schriftsteller stellt.' Dies schrieb Robert Walser an seine Freundin Frieda Mermet, nachdem er Anfang 1927 vom Tod Siegfried Jacobsohns, des schon zu Lebzeiten legendären Herausgebers der Schaubühne / Weltbühne, erfahren hatte. Und so wie Jacobsohn Walser auf seinem Weg zu einem bedeutenden europäischen Schriftsteller begleitete, begleitete Walser Jacobsohn und dessen 'anregendes Organ für alles, was näher oder ferner mit der Bühne in deutschen Landen wie im Ausland zusammenhängt' (Neue Zürcher Zeitung).
Jochen Greven hat die Entwicklung der Kleinen Form bei Walser als 'Geburt des Prosastücks aus dem Geist des Theaters' beschrieben - das machen die Texte dieses Bandes in vielfältiger Variation nachvollziehbar.
Im Editorischen Nachwort wird die Beziehung Walsers zu dieser Zeitschrift beschrieben - ergänzt durch einen Dokumentarischen Anhang mit Briefen Walsers und weiteren Zeugnissen, die seine Beziehung zur Redaktion illustrieren können.
Die Faksimiles der Originalbeiträge sind in der elektronischen Edition der KWA auf der begleitenden DVD zu finden.