»Dieses Buch Heinrich Manns, heute, gottseidank, in aller Hände, ist das Herbarium des deutschen Mannes. Hier ist er ganz: in seiner Sucht zu befehlen und zu gehorchen, in seiner Roheit und in seiner Religiosität, in seiner Erfolgsanbeterei und in seiner namenlosen Zivilfeigheit.« (Kurt Tucholsky)
In sechs Großkapiteln wird die Aufstiegsgeschichte des Kleinstadtpotentaten
Diederich Heßling erzählt, der um 1870 geboren wird: ein symbolträchtiges
Datum, das den Protagonisten als Repräsentanten der spätgründerzeitlichen
Epoche erscheinen lässt. Im Zentrum der Lebensgeschichte Heßlings stehen
die Jahre 1890-97. Diederich erfährt seine frühe Prägung als empfindsames
Kind eines Kleinunternehmers, das in seiner Individualität gebrochen wird
durch die als schrankenlos erfahrene Macht des Vaters und anderer >>furchtbarer
Gewalten<< vom >>lieben Gott<< bis zum Schullehrer, denen das Kind Gehorsam
leisten muss. Der Heranwachsende entwickelt gegenüber Machtpersonen autoritäre
Unterwürfigkeit, gegenüber Schwächeren hält er sich aggressiv schadlos
- der Untertan als sadomasochistischer Sozialtyp wird erzogen, nicht geboren.
Mit seinem Studium der Chemie in der Reichshauptstadt Berlin vollendet
sich das Untertanen-Profil Diederichs: Er wird Mitglied der Studentenverbindung
der >>Neuteutonen<<, die ihn lehrt, sein Individual-Ich an das >>große
Ganze<< von Wissenschaft, Korporation, Militär, Bürokratie, deutschnationaler
Partei, Staatskirche und Monarchie abzutreten. Als glühender Monarchist
kehrt Heßling aus Berlin in seine Heimatstadt Netzig zurück. Die Geschäftsübernahme
der kleinen Papierfabrik seines verstorbenen Vaters gestaltet sich als
bewusste Imitation des Regierungsantritts von Kaiser Wilhelm II. Es gelingt
Heßling, durch Anpassung an den nationalen Zeitgeist, durch Intrigen, Denunziation
und Betrug nicht nur seine Konkurrenten auszuschalten und die Papierfabrik
hochzubringen, sondern auch politisch und ökonomisch die Macht in Netzig
an sich zu reißen. Er wird Großaktionär einer Papier-Aktiengesellschaft
und deren Generaldirektor, er schafft es, durch Manipulationen die Aktienmehrheit
an sich zu bringen und seine eigene Fabrik ertragreich zu verkaufen, er
kontrolliert die städtische Presse sowie die lokale Verwaltung und er wird
so zur politisch einflussreichsten Person von Netzig. Sein sozialer Aufstieg
vollendet sich auf der familialen Ebene. Er heiratet gezielt die begüterte
Guste Daimchen und hat mit ihr drei Kinder, deren weitere Lebensgeschichte
unschwer zu prognostizieren ist - der Weg des Untertanen wiederholt sich.