Einhorn, zwei Hörner und doch eine Kuh!
Zeichnen mit Darstellungsabsicht hat das Potential, junge Kinder emotional und kognitiv zu fördern. Dies zeigt die Autorin, die 5- bis 6-Jährige über mehrere Wochen beim Zeichnen mit Darstellungsabsicht beobachtet. Die Kinder erleben Kühe auf dem Bauernhof, die sie anschliessend zeichnerisch festhalten. Sie bringen persönliche Sichtweisen in die Zeichnungen ein und ringen um eigene Bildlösungen.
Die Zeichenprozesse der Kinder werden von Lehrpersonen unterstützt und videografiert. Die explorative Datenauswertung, die über sensitives Kodieren zur Feinanalyse ausgewählter Sequenzen führt, lässt sichtbar werden, wie sich die zeichnerischen Handlungen langsam entfalten. Es entstehen für die Kinderzeichnungsforschung neue und überraschende Einsichten. In vielen Fällen lassen sich die Kinder mit Vergnügen und Durchhaltewillen auf längere Prozesse ein. Die Untersuchung macht deutlich, dass sich Entwicklung in der Kinderzeichnung nicht einfach kontinuierlich aus dem Kind heraus ergibt, sondern der soziale Resonanzraum eine wesentliche Rolle spielt. Für einige Kinder ist die Vergewisserung von Nähe und Freundschaft während der Anstrengung des Zeichnens wichtig. Bei anderen Kindern dienen Mimesis und Mimikry als Sprungbrett für eigene Bildideen. Und nicht zuletzt bringt Zusammenarbeit in Form von Dialogen, Vorschlägen, Fragen und Assoziationen viele Zeichnungen weiter.
Im letzten Teil des Buches leitet die Autorin aus den aussagekräftigen Befunden Anregungen für die kunstpädagogische Praxis im Kindergarten und in den ersten Schuljahren ab.