Die »Glen Mills Schools« in der Nähe von Philadelphia im US-Staat Pennsylvania ¿ was bedeuten sie für die bis zu 1000 Jugendlichen, die dort 12 bis 15 Monate leben: »Sozialpädagogischer Erlebnisurlaub«, »offener Strafvollzug« oder »Internat für Nachwuchsverbrecher«, also eine »Privatschule für Diebe, Dealer, Bankräuber«?
Die Schlagworte ließen sich fortsetzen: »Seelen-MacDonalds für kleine Menschen« mit einem »totalitären Normensystem«, aber immer noch besser als der »Sauhaufen deutsche Jugendhilfe«. Alle Zitate stammen aus der ebenso aktuellen wie kontroversen Diskussion, die über die Medien der Öffentlichkeit vermittelt wird.
Angesichts dieser aufgeregten Auseinandersetzung in der allgemeinen Öffentlichkeit ist es an der Zeit, daß sich Fachleute zu Wort melden, nachdem seit dem von Ottmüller 1988 vorgelegten Band »Glen Mills Schools ¿ Ein Modell der Jugend kriminalrechtspflege in den USA« im deutschsprachigen Raum nur kleinere Beiträge erschienen sind. Es gilt, Entwicklungen nachzuzeichnen, Zwischenbilanz zu ziehen und Perspektiven ¿ ggf. auch für ein deutsches Glen Mills ¿ zu entwickeln: Sachlich, kritisch und vorurteilsfrei.Ein Vorurteil muß dabei allerdings gleich vorab ausgeräumt werden: »Gehirnwäsche« gibt es in den Glen Mills Schools nicht.
Ein Modell, das die Schüler nicht als unveränderbar schlecht ansieht, für sie genauso Respekt und Würde wie für die eigenen Kinder einfordert und über eine ebenso fördernde wie fordernde Schulkultur versucht, positive persönliche Entwicklungsmöglichkeiten zu entdecken, orientiert sich an den Menschenrechten und entspricht dem Menschenbild auch unseres Grundgesetzes. Eine über »Peer-Group-Pressure« vermittelte Gruppen-Normen-Kultur ist wahrscheinlich noch nicht einmal sehr weit entfernt von dem Ideal klassischer Philosophie: »Handele so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne« (Kant). Die unbestrittenen Erfolge des Modells rufen immer wieder Skeptiker auf den Plan, die nach dem ¿ möglicherweise kritikwürdigen »Geheimnis« des Erfolges fragen. Hier gibt das vorliegende Buch eine Antwort, die in dem Prinzip der konfrontativen Pädagogik gefunden wird. Dieses Prinzip bildet sozusagen den »roten Faden« für alle Beiträge in diesem Sammelband.