Im »Examen vanitatis« geht es Pico nicht um die Auseinandersetzung mit einzelnen Positionen paganer Philosophen, sondern um einen Kampf gegen die Philosophie insgesamt. Pico wollte die alleinige Verlässlichkeit des christlichen geoffenbarten Glaubens nachweisen, und sein Instrument war die pyrrhonische Skepsis, die er systematisch nutzte, um zu zeigen, dass die antike Philosophie - insbesondere die ihres Protagonisten Aristoteles - und zugleich die gesamte Rezeptionstradition durch antike philosophische Argumentation selbst obsolet waren. Pico war ein Anhänger des Bußpredigers Savonarola, der 1497 in Florenz u. a. die Manuskripte und Texte verbrennen ließ, aus denen Giovanni Pico, Gianfrancescos Onkel und bedeutender Humanist, geschöpft hatte. Ironischerweise stand aber gerade die skeptische Methode, derer sich Pico zur Begründung unumstößlicher Glaubensgewissheiten bediente, am Anfang einer Entwicklung, die bis zum Entwurf der neuen Wissenschaften führte, die wir heute mit Descartes und Gassendi verbinden. Die kritische Edition dieses Schlüsseltextes des frühneuzeitlichen Denkens folgt der Editio princeps aus der Druckerei von Gianfrancesco Pico della Mirandola von 1520 und berücksichtigt die rezeptionsgeschichtlich wichtigsten Drucke.
Die Philosophie der Frühen Neuzeit beginnt 1520 mit der Wiederaufnahme der pyrrhonischen Skepsis durch Gianfrancesco Pico della Mirandolas »Untersuchung über die Eitelkeit der Lehre der [heidnischen] Völker und die Wahrheit der christlichen Lehre«. Picos Ziel war die Zerstörung der Philosophie, aber ungewollt schuf er damit Raum für eine neue, moderne Art zu denken.