Dass die Menschenrechte auch für Kinder gelten, erscheint uns heute selbstverständlich. Als Wesen mit eigener Menschenwürde stehen Kindern die Menschenrechte ebenso zu wie Erwachsenen. Diese Auffassung hat sich im Laufe des 20. Jhs. - häufig in Reaktion auf die Misshandlung, Unterdrückung und Ausbeutung von Kindern - jedoch nur allmählich und mit vielen Widersprüchen und Rückschlägen entfaltet. Zwar haben alle Staaten mit Ausnahme der USA die UN-Kinderrechtskonvention von 1989, in der spezifische Rechte für Kinder erstmals völkerrechtlich garantiert wurden, ratifiziert. Dennoch sind nicht nur die realen Lebensbedingungen, sondern ist nach wie vor auch der Rechtsstatus von Kindern häufig problematisch.
Die Menschenrechte des Kindes stehen in einem unauflösbaren Spannungsverhältnis zwischen der Anerkennung der Autonomie des Kindes und seines Rechts auf Selbst- und Mitbestimmung auf der einen Seite sowie der Verpflichtung zum Schutz des Kindeswohls auf der anderen Seite, was auch paternalistische Eingriffe in die kindliche Autonomie notwendig machen kann. Dieses Spannungsverhältnis zwischen Schutz- und Partizipationsrechten ist je nach Kontext unterschiedlich zu gewichten und daher Gegenstand vieler Kontroversen. Neben der Frage nach dem Verhältnis von allgemeinen Menschenrechten und spezifischen Kinderrechten sind die konkreten Lebensbedingungen von Kindern und die Verletzungen kindlicher Ansprüche ebenso Gegenstand von Kinderrechtsdiskursen wie Fragen der rechtlichen und politischen Weiterentwicklung der Kinderrechtskonvention und ihrer institutionellen Mechanismen zur Gewährleistung der Rechte. Die Beiträge des vorliegenden Bandes greifen einige der skizzierten Themenfelder auf und beleuchten sie u.a. aus philosophischer, historischer, juristischer und politikwissenschaftlicher Perspektive.