Aus dem Editorial von Schriftleiter Christian Neddens: Die Kirchensynode der SELK 2022 bat nach Vorarbeiten in Form einer »Wegbeschreibung« die Lutherische Theologische Hochschule (LThH) um eine wissenschaftliche Studie zur »Rolle der Frau in der SELK und ihren Vorgängerkirchen im Gemeindeleben und in übergemeindlichen Zusammenhängen unterbesonderer Berücksichtigung der Umgangsweise mit Frauen.« Gewünscht wurde ausdrücklich »ein besonderes Augenmerk auf dem empirisch-sozialwissenschaften Aspekt im Rollenbild der Frau«. Daraus ist inzwischen eine Projektgruppe an der LThH entstanden, die sich mit der Umsetzung dieses Synodalauftrags befasst. 2019 wurde von der Kirchensynode zugleich eine Synodale Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die als Ansprechpartnerin für Anliegen von Frauen in der SELK dient. In der Vernetzung beider Arbeitsgruppen wurde eine Reihe relevanter Fragestellungen identifiziert. Ein Thema, das in Gesprächen mit älteren Gemeindegliedern - insbesondere auch im Blick auf den Umgang mit Frauen - genannt wird, ist die »Abbitte-Praxis«, wie sie in den Vorgängerkirchen der SELK geübt wurde.Dr. Christoph Barnbrock, Professor an der LThH für Praktische Theologie, der gegenwärtig zur Geschichte der Agenden der selbstständigen evangelisch-lutherischen Kirchen forscht, legt hier einen ersten Ertrag der Arbeit am Synodalauftrag vor, indem er erhaltene Abbitte-Formulare aus diesen Agenden und insgesamt die Praxis der Kirchenzucht in den evangelisch-lutherischen Kirchen erstmals eingehend untersucht. Dabei weist er durchaus den Wert und die Aktualität der Frage nach Kirchenzucht und Abbitte auf, benennt aber auch die Problematiken, die diese Praxis mit sich brachte.Gute nachbarschaftliche Beziehungen bestehen seit vielen Jahren zwischen der LThH und der Klinik Hohe Mark, einem Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Suchtmedizin, das einem bewusst christlichen Leitbild verpflichtet ist und vom Deutschen Gemeinschafts-Diakonieverband (DGD) getragen wird. Der ärztliche Direktor der Klinik, Chefarzt Dr. Martin Grabe, Autor zahlreicher Bücher im Schnittfeld von Medizin und Theologie, referierte an der LThH über »Gesunder Glaube oder kranker Glaube«. Grabe, dessen Vortrag wir hier dokumentieren, beleuchtet dabei unterschiedliche Konkretionen des christlichen Glaubens aus der Perspektive der Schematherapie. Aus therapeutischer Sicht lasse sich zeigen, was für eine starke Ressource der Glaube für den therapeutischen Heilungsprozess sein kann. Gleichzeitig können bestimmte Ausprägungen des Glaubens aber auch krankmachende Lebenshaltungen befördern. In einem auch für Nicht-Mediziner gut verständlichen Vortragsstil illustriert Grabe an praktischen Beispielen aus dem therapeutischen Klinikalltag und anhand bekannter Persönlichkeiten der Kirchengeschichte krankmachende und lebensdienliche Potentiale von Glaubenshaltungen und zeigt Wege heilsamer Veränderung auf.Friedrich Kugler ist seit über dreißig Jahren gewählter Synodaler der Kirchensynode der SELK und vertraut mit den Prozessen, die zu den gegenwärtigen kirchlichen Ordnungen geführt haben. In seinem Beitrag greift er eine aktuelle Debatte darüber auf, welche Lehrautorität der gewählten Synode zukommt und was das im Zusammenspiel mit anderen Leitungsgremien der Kirche bedeuten könnte. Seine These: Lehrfindung ist ein gesamtkirchlicher Prozess, der nicht letztgültig abschließbar ist und in dessen Zentrum die Synode steht. Kugler zeigt zunächst, wie kontrovers die Frage letztinstanzlicher Lehrautorität schon während der Entstehung der Grundordnung der SELK 1968-1971 diskutiert wurde. Die Entscheidungen auf dem Weg zur Grundordnung nimmt er daraufhin zum Anlass, einige Überlegungen anzustellen, um weiterführende Anstöße für die Debatte um die Lehrautorität der Synode zu geben.