Das "enfant terrible" der schwedischen Literatur, August Strindberg, der zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts einer der meistgespielten Autoren auf deutschen Theaterbühnen war, hat seine Feder auch gelegentlich bemüht, um spitzzüngige Parabeln in Form von Fabeln umzusetzen, bei welchen gesellschaftliche und menschliche Schwächen gnadenlos offengelegt werden. In "Der heilige Ochse oder der Triumph der Lüge" wird der Ochse Alexander von den Stellvertretern Gottes auf Erden als 1060te Inkarnation des aktuell wichtigsten Gottes erkannt und dessen Besitzer enteignet, aber die unverschämte Dreistigkeit, mit welcher die Priester ihren irrsinnigen Wahrheitsanspruch gegenüber dem Volk an den Tag legen, kommt vor dem Fall. In "Die Möwen" werfen die Weibchen dieses Seevogelgeschlechts ihren Männchen vor, nicht ausreichend Zeit mit Ihnen zu verbringen, was die männlichen Möwen als ihr Naturgegebenes Recht ansehen. Es kommt zum Streit der Geschlechter und eine erfahrene Möwe macht sich auf den Flug herauszufinden, ob es so etwas wie typisch weibliches und männliches Verhalten überhaupt gibt. Dabei begegnet sie einer altgedienten Ente, welche ihr anhand praktischer Beispiele aus der Natur den Beweis liefert, dass es keinerlei Dominanz-Vorrechte des einen Geschlechts vor dem anderen gebe. "Vollblut" berichtet vom Krieg der Pflanzen, genauer gesagt vom gnadenlosen Kampf zwischen Rosen und Hagebutten, die aufgrund einer Erkrankung des Gärtners keiner Einmischung von außen mehr unterliegen und so setzen sich diejenigen durch, welche vom Pflanzengott dazu bestimmt sind, aber dann.... In "Natürliche Zuchtwahl" machen wir einen Ausflug ins Periodensystem. Anhand der Fleisch gewordenen Elemente Natron, Chlor und Wasserstoff offenbart sich in deren Fusions- und Trennungsverhalten mit geneigten und weniger geneigten anderen Elementen und untereinander eine Welt der Zweckverbindung und der freien Liebe. Ehen werden geschlossen und wieder aufgelöst, offene Beziehungen werden geführt und emotionale Scharmützel abgehalten. Eine spaßige Metapher! "Wie ein Pfarrer zum Atheisten wird" berichtet über einen gläubigen Priester, der anhand der Bienenzucht Beweise für die Existenz Gottes ableitet. Als er einen Auftrag als Missionar annehmen muss, nimmt er seine Bienen mit und stellt fest, dass die Bienen sich anderorts anders gebärden als in ihrer Heimat und sein Argumentations-Kartenhaus fällt krachend in sich zusammen. "Das Eigentumsrecht" erzählt die Geschichte eines Haselnussbaumes, um welchen sich zuerst verschiedene Tiere, dann Tiere mit Buben, Buben mit Erwachsenen und schließlich Erwachsene mit anderen Erwachsenen streiten. "Schamhaftigkeit und Kälte" charakterisiert das Vorurteil, dass das was anders ist als das was man kennt bzw. dass das was von den eigenen Vorstellungen abweicht automatisch falsch sein muss. "Die Vaterlandsfreunde" zeigt, dass die Heimat jedes Menschen dort ist, wo er nicht verhungern muss.